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Wenn das Hirn streikt…

Selbsterfahrung im Demenz-Parcours: Beim Knöpfen simulieren Handschuhe fehlende Feinmotorik.
Das DemenzNetz Sendenhorst Albersloh hatte anlässlich des Weltalzheimertages zu einem Demenz-Parcours ins St. Josef-Stift eingeladen.
Verkehrte Welt: Im Spiegelbild werden einfache Handgriffe zur Qual.
Kaum zu schaffen: Malen und Schreiben im Spiegel.

Selbsterfahrung im Demenz-Parcours: Aktion des DemenzNetz Sendenhorst

Wie fühlt sich Demenz an? Am 27. September 2017 war es konkret erfahrbar beim Demenz-Parcours, den  das DemenzNetz Sendenhorst Albersloh publikumswirksam in der Magistrale des St. Josef-Stifts aufgebaut hatte. An sechs Stationen probierten viele Interessierte selbst aus, was es bedeutet, wenn einfache Alltagssituationen zu einem Problem werden, weil die Feinmotorik, das Sprechen, die Orientierung oder die Merkfähigkeit nachlassen.

 „Der Parcours hilft nachzuempfinden, wie sich ein Mensch mit Demenz fühlt und  warum er wütend oder auch aggressiv reagiert, wenn simple Dinge nicht funktionieren“, erklärte Angelika Reimers, Seniorenberatung Sendenhorst, die als Koordinatorin des DemenzNetz die Aktion zum Weltalzheimertag organisiert hat. Das Verständnis für Menschen mit Demenz zu wecken, über die Krankheit zu informieren und Hilfe für Betroffene und Angehörige anzubieten, sind wesentliche Ziele des DemenzNetz. „Die Vision ist eine demenzfreundliche Stadt“, so Pflegenetzwerkkoordinator Detlef Roggenkemper.

Simuliert wurde das mit einfachen Handicaps, wie zum Beispiel Schreiben und Malen, wobei man die Schreibhand und das Blatt in einem Spiegel sieht. Sofort stockt der Schreibfluss, und die eigene Schrift wird zu einem unleserlichen Gekrakel. „Der Kopf will, aber die Hände machen nicht mit. Das löst Angst und Schweißausbrüche aus“, beschrieb Heiner Hagemann seine Erfahrung mit dieser Aufgabe. Pfarrerin Böning probierte, im Spiegel mit einem Löffel eine Murmel in einen Becher zu bugsieren – eine simulierte Essenssituation: „Es kostete viel Konzentration und Anstrengung und löste Wut und Aggression aus, weil es nicht funktionierte.“ Auch Hubert Bisping vom Verein Beweggründe schildert die frustrierende Erfahrung mit dieser Aufgabe: „Es gibt keinerlei Übungserfolg.“

Merkfähigkeit und Orientierung wurden beim Nachzeichnen einer Karte aus dem Gedächtnis auf die Probe gestellt; die Feinmotorik beim Zuknöpfen eines Kittels mit Arbeitshandschuhen. Zum Thema Sprache mussten demenztypisch verfremdete Wörter wie „Fundehutter“ und „Gortentuss“ erkannt und erklärt werden.

Die Stationen, die unter anderem von Altenpflegeschülern betreut wurden, sorgten für viele Aha-Erlebnisse. „Es wird verständlich, warum Betroffene Vermeidungsstrategien anwenden, um ihre Demenz zu vertuschen“, meinte Annette Schwaack, Hausleitung vom St. Josefs-Haus Albersloh. Und Altenpflegeschüler Michael Novara findet: „Man lernt, besser damit umzugehen und Geduld zu haben.“

Die Seniorenberatung war an diesem Tag mit Infomaterial im St. Josef-Stift vertreten – und sonst täglich in der Woche an der Weststraße 6. Detlef Roggenkemper dankte an dieser Stelle Rita Laumann für das Engagement der „Heinrich und Rita Laumann-Stiftung“, die die Arbeit des Seniorenbüros ermöglicht. Den Demenz-Parcours hatte das Demenz-Servicezentrum Münsterland für den Tag zur Verfügung gestellt.