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Sexualität im Alter: Ein Tabuthema, das interessiert

Der Neurologe Dr. Frank Siebecker informierte über Umgangsweisen mit veränderter Sexualität bei Demenz.

Neurologe Dr. Frank Siebecker zum Thema Sexualität bei Demenz

Sexualität ist ein Tabuthema und dennoch füllte es das Café des St. Magnus-Hauses, als der Telgter Neurologe Dr. Frank Siebecker am 23. Oktober 2017 über Sexualität im Alter und bei Demenz sprach. Sexualität ist ein Grundbedürfnis und unterliegt im Laufe des Lebens einer Veränderung. Erkrankungen wie eine Demenz können die Kontrolle über Sexualität und Verhaltensweisen so beeinträchtigen, dass sie zu Störungen im Zusammenleben und im Kontakt zu anderen Menschen führen können.

Und dennoch: „Menschen mit Demenz und einer veränderten Sexualität sollte man versuchen anzunehmen“, lautete eine zentrale Botschaft des Neurologen. Gleichzeitig machte er aber auch deutlich, dass betroffene – möglicherweise deutlich jüngere – pflegende Angehörige ein Recht haben, sich eigene unerfüllte Wünsche einzugestehen, zu äußern und gegebenenfalls Unterstützung einzufordern. Andersherum kann dazu auch der Schutz vor eventuell sozial unangemessenen Handlungen des demenziell erkrankten Menschen gehören.

Pflegende in Pflegeeinrichtungen ermutigte Siebecker, den einzelnen Menschen zu sehen und auch die individuellen Wünsche und biografisch bedingten Werte und Erfahrungen miteinzubeziehen. „Menschen der Jahrgänge 1925 bis 1940 haben ein erhöhtes Risiko, Gewalt erfahren zu haben“, so Siebecker. In Pflegesituationen zeige sich das etwa durch plötzliche Verweigerung, wenn Erinnerungen an frühere Gewalterfahrungen wachgerufen werden.

Unabhängig davon, ob Pflege zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung erfolgt, appellierte Siebecker für „einen Umgang in Respekt und Würde“. Ein Patentrezept dazu gibt es nicht, denn: „Wie sich die Sexualität bei Demenz entwickelt, dafür gibt es kein einheitliches Muster, weil die Menschen verschieden sind.“ Eine medikamentöse Behandlung sollte in jedem Fall immer der allerletzte Schritt sein, bevor nicht andere Lösungen ausprobiert wurden.

Organisiert wurde der Vortrag als Kooperationsveranstaltung des Everswinkeler Gesprächskreise bei Demenz in der Familie, des St. Magnus-Hauses, des Demenz-Servicezentrums und der Alzheimer Gesellschaft im Kreis Warendorf. Auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflege- und Betreuungsnetzwerks nutzten den Vortrag zur Fortbildung.